ICH HAB ZWAR KEINE ANTWORT, ABER IMMERHIN HAB ICH DIE FRAGE GEFUNDEN – EINE KRITISCHE REFLEXION

STATUS

Archived

ASPECTS

anti-discrimination, right-violence, memorial, economy

TEAM

Lena Würsching

PARTNERS

Ulf Aminde , Initative Herkesin Meydanı – Platz für Alle

YEAR

2024/25

ABTRACT

KONTEXT
Seit Oktober 2022 habe ich zusammen mit Marie Teigler sowie in Teilen mit Volker Buchwald und Lara Liske in dem Projekt antirassistischer Lern- und Erinnerungsort Keupstraße Köln als Projekt der Studiengruppe Informationsdesign gearbeitet. In meiner Masterarbeit reflektiere ich die Kooperation mit dem Künstler Ulf Aminde und der Initiative Herkesin Meydanı – Platz für Alle. Sie setzen sich seit Langem für ein Mahnmal ein, das an die Bombenanschläge von 2001 in der Probsteigasse und 2004 in der Keupstraße in Köln erinnert. Diese Anschläge waren Teil der Mord- und Anschlagsserie der rechtsterroristischen Organisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), die zwischen 2000 und 2007 zahlreiche Menschen verletzte und mindestens zehn Menschen ermordete.Im Rahmen unserer Zusammenarbeit erprobten wir 2022/23 Werkzeuge und Methoden, um das lokal situierte Wissen der Betroffenen zu archivieren – das eine mit in den Erinnerungsort einfließen soll. Ein zentraler Aspekt in unserem Projekt war dabei auch die ständige Reflexion unserer eigenen Rolle.2023/24 entwickelten wir ein Konzept für die visuelle Sprache des Erinnerungsortes und eine Struktur für die Website des Projekts. Die Forderung "Erinnern heißt Zuhören, Verändern, Kämpfen, Positionieren, Versammeln" bildet das Zentrum der Website und dient als Navigationsstruktur durch die Räume der Erinnerung.Am 9. Juni 2024 stellten wir unseren Website-Entwurf und das Konzept im Rahmen des Gedenkfestes Birlikte zum 20. Jahrestag im Friseursalon Özcan auf der Keupstraße vor. Ergänzend dazu entwarfen wir eine Plakatserie zur Unterstützung der Forderungen der Betroffenen nach einem Mahnmal.

PROJEKT
In meinem Abschlussprojekt habe ich eine theoretische, wissenschaftliche Arbeit zum Thema »Betroffenenzentrierte Gestaltung als Gegenentwurf zur Ökonimisierung von Gedenken: Methoden und Tools anhand des antirassistischen Lern- und Erinnerungsort Keupstraße Köln« geschrieben.
In meiner Masterpräsentation habe ich unser Projekt sowie unsere Vorgehensweise und Praxis in einer Rauminstallation durch eine performative Inszenierung zugänglich gemacht. Dabei habe ich die einzelnen Arbeitsschritte und die damit verbundenen Reflexionsschleifen visuell miteinander verknüpft.
In meiner Auseinandersetzung mit der eigenen Reflexion näherte ich mich in mehreren Schleifen zunehmend der zentralen Frage an, wie kritische – insbesondere selbstkritische – Gestaltung funktionieren kann. Ich habe Schlüsselmomente des Projekts herausgearbeitet, die daraus resultierenden Fragen erläutert, auftretende Widersprüche aufgezeigt und beleuchtet, wie wir mit komplexen Sachverhalten umgegangen sind, für die es keine eindeutige Lösung gab.
Dabei stellte sich mir unter anderem die Frage, ob wir angesichts unserer eigenen Positionierung in Bezug auf Critical Whiteness überhaupt die richtigen Personen für dieses Projekt waren. Wie geht man damit um, wenn es trotz eines multiperspektivischen Ansatzes nicht nur eine Betroffenenperspektive gibt? Wie lässt sich die Gratwanderung zwischen eigener Profilierung und aktivistischen Projekten bewältigen, insbesondere wenn sie mit Kapitalgenerierung verbunden ist? Ist Partizipation und der Fokus auf marginalisierte Perspektiven immer der richtige Weg – oder wäre es manchmal sinnvoller, die großen Akteur_innen in den Blick zu nehmen?
Ich habe versucht, die Komplexität und Verantwortung zu veranschaulichen, die viele Projekte in der Studiengruppe Informationsdesign mit sich bringen, und mögliche Ansätze reflektiert, um ein design of good intentions zu vermeiden.
Zum Ende meines Masters habe ich vielleicht keine Antwort auf diese schwierigen Fragen gefunden, wie ich (selbst-)kritisch gestalten kann. Immerhin habe ich allerdings diese Frage gefunden, die mich in meiner gestalterischen Praxis nach der Uni stetig begleiten wird.

FILES

tisch-01.jpg tisch-02.jpg raum-03.jpg tisch-04.jpg tisch-07.jpg tisch-08.jpg tisch-09.jpg tisch-10.jpg tisch-11.jpg tisch-05.jpg